Aachen – Werkstattverfahren Vaals Grenze

Ziel des Verfahrens war die Entwicklung einer neuen Nachbarschaft im Bereich zwischen Aachen und Vaals. Das Plangebiet hat durch seine Lage an der deutsch-niederländischen Grenze eine besondere Bedeutung für die Stadt Aachen sowie für die Gemeinde Vaals. Durch eine städtebaulich qualitative Entwicklung sollte das Gebiet einen identitätsstiftenden Auftakt- und Schlussakkord für das Aachener Stadtgebiet bilden und gleichwohl einen attraktiven Ortseingang für Vaals schaffen.
Um diesem Ziel gerecht zu werden, führte die Stadt Aachen in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Vaals ein kooperatives Werkstattverfahren mit vorgeschalteter Öffentlichkeitsbeteiligung durch.
Im Vorfeld des Werkstattverfahrens wurden zwei Formate ausgewählt, um verschiedene Akteur*innen frühzeitig in die Planung einzubinden. Es wurden erste Rahmenbedingungen und insbesondere die Ziele für die zukünftige Entwicklung des Quartiers erarbeitet. Des Weiteren wurde der Anspruch an das Ergebnis des Werkstattverfahrens geklärt. Im Oktober 2023 fand ein Workshop mit politischen Vertreter*innen sowie Mitgliedern der Verwaltung der Gemeinde Vaals und der Stadt Aachen zur Vorbereitung auf das Werkstattverfahren statt. Des Weiteren erhielt im Mai 2024 im Rahmen eines Dialogabend, die Öffentlichkeit und die umliegende Nachbarschaft des Plangebiets die Möglichkeit Ideen und Anregungen in das Verfahren einzubringen. Zusätzlich wurden insgesamt vier Eigentümer*innen/Bürger*innen als beratende Mitglieder des Gremiums ausgelost (diese konnten zuvor ihr Interesse bekunden, aufgrund der hohen Nachfrage entschied am Ende das Los über die Teilnahme).
1. Rang: Cross Architecture, Aachen | karres en brands, Hilversum
Vaals ist ein Ort der Grenzen überbrückt. Im Schwarzplan ist dies deutlich erkennbar: die Struktur ist als ein zusammenhängender, städtebaulicher Organismus ablesbar. Die Grenze, die nach den napoleonischen Kriegen im 19. Jahrhundert gezogen wurde, trennt diesen Organismus in einen niederländischen und einen deutschen Teil und ist aus heutiger Sicht scheinbar willkürlich gezogen.
Die klare, städtebauliche Struktur von Vaals als eine Gesamtheit zeigt zwei Brüche, die an der Schnittstelle des Planungsgebietes zusammenkommen: eine Leerstelle auf der deutschen Seite und eine Großstruktur – der Naanhof – auf der niederländischen Seite. Diese Brüche führen dazu, dass der niederländische Teil als ein intaktes und lebendiges Stadtgefüge mit klaren Raumkanten wahrgenommen werden, während sich die baulichen Strukturen auf der deutschen Seite eher als lockere Ansammlung Wohnhäusern ohne deutlich ausgeprägte, eigenständige Identität zeigen.
Ziel unseres Entwurfs ist es, die Qualität und strukturelle Klarheit des niederländischen Stadtgebietes auf die deutsche Seite fortzusetzen und damit nicht nur das Vaalser Quartier zu stärken, sondern auch die vorhandenen Brüche zu überwinden und die Stadt Vaals unabhängig vom Grenzverlauf als EIN Ganzes erlebbar zu machen.
Pas de Deux
Die Maastrichterlaan bildet als Straßenraum mit ihren platzartigen Aufweitungen, Grünstrukturen und Angeboten an Handel und Gastronomie die Referenz für die Fortschreibug als Vaalser Straße im Planungsgebiet. Indem die vorhandene Struktur mit einem neuen Block und einem neuen Platz ergänzt wird entsteht ein schlüssiger städtebaulicher Abschuss bzw. Auftakt.
Die Umsetzung ist einfach: In dem Gebäudefluchten der Masstrichterlaan ergänzt und gestärkt werden, entstehen klare Blockränder, die zusammen mit einem neuen Bürgerhaus als Solitär einen urbanen Platz unmittelbar an der Grenze einfassen. Die Bebauung an der Grensstraat erhält ein Gegenüber und wird somit zum klar definierten Straßenraum. Die Gebäudestruktur nördlich der Vaalser Straße wird am westlichen Ende durch einen Blockrand aufgenommen, so dass ein klarer Eingang in das neue Quartier entsteht.
Während sich das Quartier nach Süden zur Vaalser Straße wie an der Maastrichter Laan also mitklaren Raumkanten präsentiert, zeigt sich auf der Nordseite zum Landschaftsschutzgebiet des Senserbaches ein ganz anderes Bild. Hier wird die bauliche Struktur in kompakte, punktförmige Stadtvillen aufgelöst, so dass die Grenze des Siedlungsgebietes klar definiert wird, ohne als „harte“ Kante zu erscheinen. Die freistehenden Häuser sind jeweils so positioniert, dass der Landschaftsraum von Norden in das Quartier fließen kann und räumliche Aufweitungen viel Platz für gemeinschaftliche Freiflächen ermöglichen. Der Charakter im Quartier ist informell und frei.
Die räumliche Strategie orientiert sich also an zwei prägenden städtischen Typologien in Vaals: dem geschlossenen innerstädtischen Block, der durch seine Vielfalt an Körnung, Maßstab und Gebäudetypen besticht, und dem Randblock, der sich zur Landschaft hin öffnet und die natürliche Schönheit der Umgebung aufnimmt.
Unser Entwurf schafft einen hybriden Block, eine sorgfältig choreografierte „Pas de Deux“ zwischen Stadt und Landschaft, urbanem Leben und Natur, Lebendigkeit und Intimität. Ein Stadtblock, der Tradition ehrt und gleichzeitig zukunftsweisend ist – ambitioniert, innovativ und nahtlos in die bestehende Stadtstruktur von Vaals integriert.
Nutzungen
Identitätsstiftender Baustein im neuen Quartier am Grenzübergang ist das Bürgerhaus, dass im Sinne eines Mehrgenerationenhauses ein vielfältiges Raum- und Nutzungsangebot sowohl für die Bewohner im Quartier als auch für die ganze Stadtgesellschaft bietet. Neben der Quartiers Lounge mit gastronomischem Angebot im Erdgeschoss, sind in den Obergeschossen ein großer Mehrzweckraum/Bürgersaal, kleinere, flexibel nutzbare Veranstaltungsräume, ein Outdoor Sportfeld und die dazugehörigen Service-Räume vorgesehen. Ergänzt wird das Nutzungskonzept durch MoMO – Mobility&More – ein Impulsgeber für zeitgemäße Mobilität mit einem gebündelten Angebot an Mobilitätsformen für ÖPNV, Car-Sharing, Lastenfahrräder, etc. Das neue Bürgerhaus steht als Solitär unmittelbar an der Vaalser Straße und ist damit sowohl von auf der Vaalser Straße als auch auf der Maastrichter Laan schon von weitem sichtbar. Das Haus markiert nicht nur den Grenzübergang, sondern definiert auch den neuen Platz an der Grenze als auch dein Eingang in das Quartier.
Mit Ausnahme von einigen gewerblich genutzten Flächen im Erdgeschoss der Gebäude am Platzrand, ist für die restlichen Häuser eine reine Wohnnutzung vorgesehen. Öffentlich geförderte und freifinanzierte Wohngebäude werden frei im Quartier verteilt, so dass eine gute Durchmischung gewährleistet wird. Neben klassischen 1-5-Zimmer-Wohnungen sind auch besondere Wohnformen wie z.B.: Auszubildenden- oder Senioren- Wohnungen möglich.
Verkehr
Das Quartier ist als autoarmes Wohngebiet konzipiert. Die PKW-Stellplätze für das gesamte Quartier sind in der 2-geschossigen Quartiersgarage im vorderen Block untergebracht. Die Zufahrt zu den einzelnen Häusern im Blockrand ist über die angrenzenden Straßen möglich, die Stadtvillen können über entsprechende Zuwegungen ebenfalls mit dem PKW erreicht werden. Die angebotenen Stellplätze sind jedoch nur temporär für entsprechende Ladevorgänge vorgesehen.
Die Zugänglichkeit für die Feuerwehr ist entweder über die angrenzenden Straßen oder über die Wohnwege im Quartier möglich. Die Anleiterbarkeit mit der Drehleiter ist dabei nur für Wohnungen ab dem 3. Obergeschoss geplant, alle anderen Wohnungen können entweder mit der Drehleiter oder aber ebenerdig erreicht werden.
Für die Entsorgung ist eine zentrale Sammelstelle in Unterflurcontainern in unmittelbarer Nähe zum Bürgerhaus vorgesehen. Die Durchfahrt von Müllfahrzeugen durch das Quartier ist nicht geplant.
Zwischen Stadt und Landschaft
Das Konzept schafft eine fließende Abfolge sorgfältig orchestrierter öffentlicher, kollektiver und privater Außenräume. Diese vermitteln den Übergang von der Natur zur Stadt und stärken die Verbindung zwischen privatem Wohnen und dem umgebenden öffentlichen Raum. Anstelle von Barrieren oder Abgrenzungen setzt das Gestaltungskonzept auf Offenheit, indem hochwertige öffentliche Räume und natürliche Wege die Bewegung in Richtung Landschaft lenken.
Für Vaals schlägt das Konzept einen prominenten öffentlichen Platz an der Kreuzung von Vaalser Straße und Grensstraat vor, der als zentraler Treffpunkt dient. Auf Nachbarschaftsebene fördern informelle Wege und kleine Plätze die lokale Interaktion, während private und gemeinschaftliche Gärten zwischen den Stadtvillen intime Grünräume schaffen. Weitere grüne Schichten entstehen durch einen Dachgarten über der Parkgarage sowie durch Loggien und Balkone in unterschiedlichen Größen, sodass die Natur in jede Ebene des urbanen Gefüges integriert wird.
Next Nature
Unser Vorschlag stellt Klimaanpassung und Biodiversität in den Mittelpunkt des Designs und schafft eine resiliente urbane Landschaft, die sich vom Stadtplatz bis in die Natur erstreckt und nahtlos mit dem grünen Netzwerk von Vaals verbunden ist. Fuß- und Radwege durchziehen das Ensemble und verknüpfen es auf natürliche Weise mit den umliegenden grünen und blauen Infrastrukturen der Stadt.
Wir führen eine neue Art von Außenraum in Vaals ein – keinen klassischen Park oder Platz, sondern eine urbane Wildnis. Ein Ort, an dem das Zusammenspiel von Sonne und Schatten, Feuchtigkeit und Trockenheit sowohl menschliche Interaktion als auch eine reiche Biodiversität fördert. Dieser Raum definiert den Übergang zwischen der Stadt mit ihren lebendigen Plätzen und der weiten natürlichen Landschaft. Hier verweben sich urbanes Leben, Natur und Wasser auf einzigartige Weise – tief mit Vaals verbunden und doch neu gedacht.
Interaktive Schwammstadt
Der öffentliche Raum fungiert als dynamisches Landschaftssystem mit einem integrierten natürlichen Wassernetzwerk. Wasser wird hier nicht nur gesammelt und aufgenommen, sondern auch sichtbar gemacht, um Interaktion zu fördern. Dieses hochwertige System schafft Räume für soziale Begegnung, Erholung und Ökologie.
Das Gelände wird regenfest gestaltet und widerstandsfähig gegen extreme Niederschläge. Kein Regenwasser geht verloren – es wird von Dächern, Gärten und Außenräumen gesammelt und in Retentionsschichten innerhalb der Gründächer gespeichert.
Sowohl der Platz als auch der Park dienen als Vorzeigeprojekte für Wasserretention und Klimaanpassung. Die vorhandene und neu geformte Topografie steuert den Wasserfluss und schafft ein Netzwerk aus Wadis, die direkt mit den Hauptwegen verbunden sind. Diese Wasserretentionszonen ermöglichen es den Menschen, Wasser auf interaktive und immersive Weise zu erleben und mit ihm in Kontakt zu treten.
Der Reißverschluss
Unsere Strategie für die Grenze geht über eine bloße Trennlinie hinaus und verwandelt sie in eine dynamische, interaktive Zone, die Verbindung und Austausch auf beiden Seiten fördert. Als Metapher für das Zusammenspiel zweier Länder, mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten, wird die Grenze von einer starren Linie in einen „Reißverschlusseffekt“ überführt – sie verbindet beide Seiten durch öffentliche Räume, Grünflächen und Begegnungsorte entlang der Grensstraat.
Im Herzen der Grensstraat ist die Grenze subtil, aber sichtbar auf dem Asphalt markiert – ein grafisches Element, das sich an bestimmten Stellen in die angrenzenden Räume ausdehnt und die beiden Seiten symbolisch zusammenführt. Doch dieser Grenz-Reißverschluss ist mehr als ein visuelles Statement: Er integriert Sitzgelegenheiten, Bänke und Wasserrückhaltungselemente und schafft so eine völlig neue Form des öffentlichen Raums – einen Raum, der die Interaktion zwischen zwei Nationen feiert.

Lageplan, Cross Architecture, Aachen | karres en brands, Hilversum

Perspektive 1, Cross Architecture, Aachen | karres en brands, Hilversum

Perspektive 2, Cross Architecture, Aachen | karres en brands, Hilversum
2. Rang: bjp, Dortmund | OTTL Landschaftsarchitektur, München
URBAN ZIPPER
Die urbanen Sequenzen bilden das Fundament für die Gestaltung eines zusammenhängenden, lebendigen und urbanen Stadtraums entlang der Vaalser Straße und der Maastrichter Laan. Durch die Ergänzung von Nutzungen, die Synergien schaffen, wird der „Urban Zipper“ realisiert, ein Reißverschluss, der die durch die Grenzsituation geprägten Orte miteinander verzahnt. Die Freiraumabfolge bildet eine Verbindung zwischen den Ländern und den angrenzenden Nutzungsbausteinen. Der „Urban Zipper“ verknüpft nach und nach die vorhandene Struktur öffentlicher Räume durch Ergänzungen und Neudefinitionen von Grün- und urbanen Platzstrukturen, die miteinander verschmelzen. Als oberste Entwurfsmaxime gilt die Rückgewinnung des Stadtraums für den Menschen. Der menschliche Maßstab findet seinen Ausdruck sowohl in der Architektur, den öffentlichen Räumen als auch im Straßenraum. Die prozesshafte Ergänzung der einzelnen Bausteine entlang der „großen Straße“ eröffnet im Entstehungsprozess neue Möglichkeiten für die öffentliche Nutzbarkeit der Räume.
Neues Wohnen in guter Nachbarschaft
Vom zentralen Nachbarschaftsplatz leitet eine öffentliche fußläufige blau-grüne Quartiersachse durch das ergänzende Wohnquartier. Die neuen Baukörper orientieren sich an der Höhe und den Proportionen der umliegenden Bebauung, um eine harmonische Einbettung in das Stadtbild zu gewährleisten. Die Gebäudegrundrisse sind flexibel und eignen sich für verschiedene Nutzungsarten, wie beispielsweise sozialen Wohnungsbau, Studierenden-Wohnen, flexible Wohnformen oder Seniorenwohnen, aber auch als Eigentumswohnungen. Die Integration von Gemeinschaftseinrichtungen wie einem Nachbarschaftsraum, einer ergänzenden Fahrradwerkstatt, Coworking-Räumen, einer die Quartiersgarage ergänzenden Draußen-Drinnen-Nutzung des Quartiersplatzes, gegebenenfalls einem Pflegeheim und einem Pflegewohnbaustein sowie einem Gesundheitskiosk dient der Daseinsvorsorge und unterstützt den sozialen Austausch.Das Projekt zeichnet sich durch eine nachhaltige Bauweise mit Holz und recycelten Materialien aus. Photovoltaikanlagen auf Dächern und Fassaden sowie Grüne Dächer reduzieren den ökologischen Fußabdruck, während Regenwasser in der zentralen Quartiersachse gesammelt und für die Bewässerung der Grünanlagen sowie als Brauchwasser genutzt wird.Der öffentliche Raum ist so gestaltet, dass er Hitzeinseln reduziert und für ein angenehmes Mikroklima sorgt. Das städtebauliche Gesamtkonzept bildet die Grundlage für ein neues Wohnquartier, das auf deutscher Seite im Vaalser Quartier in Aachen direkt an der Grenze entsteht. Es handelt sich um ein neues, gemischtes und naturorientiertes Wohnquartier. Differenzierte Freiräume, ein funktionaler Nachbarschaftsplatz am Grenzübergang und gemeinschaftsfördernde Wohnbauten bilden ein ganzheitliches, nachhaltiges und resilientes Ensemble als progressiver Stadtbaustein.
Grüne Platzabfolge
Das Herzstück des Quartiers bildet ein multifunktionales Platzensemble, welches die Aspekte Wohnen, Arbeiten, Mobilität und Freizeit vereint und zur Steigerung der Lebensqualität in Vaals beiträgt. An der Maastrichter Laan befinden sich bereits gut genutzte Einzelhandelsflächen, die in Zukunft am Nachbarschaftsplatz ergänzt werden sollen. Zu diesem Zweck ist die Schaffung von Räumlichkeiten für einen Bäcker, einen Co-Working-Space oder ein Repair-Cafe geplant, welche das Straßenleben aktivieren sollen. Die zentrale Lage des Platzes, der sowohl für die Einwohner*innen als auch für Besucher*innen von Vaals von großer Bedeutung ist, wird durch die Anbindung an die übergeordneten Stadt- und Grünräume weiter gestärkt. Die Ausläufer des Platzes und die damit verbundenen Zugänge dienen der Allgemeinheit und bieten Aufenthaltsqualität für alle Altersgruppen. Der multifunktionale Quartiersplatz manifestiert sich in seiner Funktion als neues, internes Herzstück des Quartiers. Er dient als Treffpunkt für die Gemeinschaft, bietet Raum für Begegnung, Austausch, Feste und andere Veranstaltungen und stärkt so den sozialen Zusammenhalt. Eine Bürger*innen-Bank auf dem Quartiersplatz verbindet die verschiedenen Generationen im Herzen des Quartiers und integriert Funktions- und Aufenthaltsräume als Ort des Austauschs. Das Baumdach am Platz ist ein wahres Multi-Talent: raumbildend, schattenspendend, vor Regen schützend bildet es das Dach des Quartiers. Die Integration von Ruhezonen, Spielmöglichkeiten, Treffpunkten und Märkten in den Außenbereich trägt zur Schaffung eines multifunktionalen und ansprechenden Stadtraums bei. Der Endpunkt der blau-grünen Achse wird durch einen kleinen Quartiersbalkon markiert, der den Blick in die Landschaft ermöglicht und somit einen Übergang zwischen Stadt und Landschaft schafft. Dieser Balkon markiert auch den Eintritt der Landschaft in das Quartier und leistet einen Beitrag zur Integration des Stadt- und Landschaftsraums. Von diesem Punkt aus ergeben sich aus Richtung der Landschaft Treffpunkte für unterschiedliche Altersgruppen im Geflecht des Freiraumkonzepts. Spielplätze, Sportmöglichkeiten und Ruhebereiche sind über das Gebiet verteilt und miteinander vernetzt.
Leben im Quartier
Das Quartier an der Grenze zu den Niederlanden ist ein Ort des Miteinanders, der durch ein breites Spektrum an Nutzungen und Angeboten unterschiedliche Bedürfnisse vereint und gleichzeitig Raum für individuelle Entfaltung und kollektives Engagement bietet. Die Vielfalt der Wohnformen, die von studentischem Wohnen über temporäres Wohnen für Beschäftigte im Gesundheitswesen bis hin zu gemeinschaftsorientiertem Mehrgenerationenwohnen reicht, spiegelt die Diversität der Lebenssituationen wider und fördert das soziale Miteinander.Ein neues Familienzentrum, das die Nutzungen Mamma Mia und KAKTUS an der Vaalser Straße erweitert und umfassend unterstützt, ergänzt dieses Angebot. An der Schnittstelle zur Straße entstehen durch öffentliche Nutzungen Orte der Gemeinschaft und des Austauschs, wobei bewusst auf die Stärkung sozialer Netzwerke gesetzt wird, um Synergien mit dem Naanhof und weiteren gewerblichen Nutzungen auf niederländischer Seite zu fördern und die Nachbarschaft zu beleben.Innovative Einrichtungen wie ein Co-Working-Space und ein Reparatur-Café spiegeln den Anspruch eines resilienten und nachhaltigen Quartiers wider. Die Mobilstation, ein integraler Bestandteil des Konzepts, bietet moderne, umweltfreundliche Mobilitätslösungen, die die Vernetzung des Ortes mit seiner Umgebung optimieren.
Mobilität und Verkehr
Das neue Quartier wird über die Vaalser Straße erschlossen, wobei der Kfz-Verkehr über die Grenzstraat in eine zentrale Quartiersgarage geleitet wird, sodass das Quartier weitgehend autofrei bleibt. Das Netz für den Fuß- und Radverkehr ist dagegen kleinteilig ausgebaut, was für diese Gruppen ein hohes Maß an Eigenständigkeit in der Erschließung bedeutet. Die Bebauungsstrukturen werden konsequent von außen erschlossen, um die Rückseiten der Gebäude möglichst ruhig und privat zu halten. Das Fußwegenetz im Quartier erschließt einerseits die Gebäude und schafft andererseits Verbindungen über das Quartier hinaus – vom Wohnquartier südlich des Euro-Kiosks bis in den Landschaftsraum im Norden des Quartiers. Die Bushaltestellen „Vaalserquartier Vaals Grenze“ sind auf beiden Straßenseiten in den öffentlichen Raum integriert und werden durch eine Mobilstation im Erdgeschoss der Quartiersgarage ergänzt. Darüber hinaus wird die Vaalser Straße nach dem Vorbild der Maastrichterlaan als breite Verkehrsschneise reduziert und durch straßenbegleitendes Grün und gut sichtbare Radwege aufgewertet. Der Alleencharakter der Grenzstraat auf niederländischer Seite soll aufgegriffen werden, um eine gemeinsame grüne Nord-Süd-Achse auf deutscher Seite zu etablieren.
Umgang mit Regenwasser
Die Regenwasserbewirtschaftung des Quartiers folgt dem Prinzip der Schwammstadt. Regenwasser wird vor Ort aufgenommen und langsam an den Boden abgegeben, um Überschwemmungen vorzubeugen und die Grundwasserneubildung zu fördern. Elemente wie Versickerungsflächen, Gründächer, Retentionsflächen und wasserdurchlässige Beläge sind im Quartier verteilt und tragen zu einem nachhaltigen Wassermanagement bei. Das Regenwasser wird zurückgehalten und zeitverzögert an die Grünflächen abgegeben.Die lange Verweildauer des Wassers hat einen positiven Effekt auf das Mikroklima und das Wohlbefinden der Bewohner*innen, da es kühlend wirkt. Die Durchlässigkeit versiegelter Böden ermöglicht eine kontrollierte Versickerung des Wassers. Überschüssiges Regenwasser wird in Zisternen gesammelt und genutzt.
Klima und Energie
Das neue Quartier wird unter Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen konzipiert. Eine Beeinflussung dieser Ziele wird dabei minimiert. Die dezentrale Versorgung mit Strom und Wärme aus regenerativen Quellen wird priorisiert. Die Integration in das bestehende Fernwärmenetz sowie die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen sind wesentliche Aspekte der dezentralen Energieversorgung. Ein Blockheizkraftwerk dient als ergänzende Energiequelle. Der umliegende Bestand wird einbezogen, um Energieüberschüsse zu verteilen.

Lageplan, bjp, Dortmund | OTTL Landschaftsarchitektur, München

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3. Rang: MUST Städtebau, Köln
Im Rahmen der Initiative der Stadt Aachen ein Angebot für den hohen Wohnraumbedarf zu schaffen, soll das Plangebiet an der Vaalser Straße zeitgemäß beplant werden. Es befindet sich am westlichen Rand Aachens und gleichzeitig an der Grenze zu der niederländischen Nachbargemeinde Vaals. Aus der Lage des Plangebiets leiten sich drei maßgebende Herausforderungen ab:
- einen sinnvollen Übergang in die plangebietsprägende naturräumliche Umgebung umzusetzen
- die naturräumliche Umgebung mit dem Plangebiet zu verbinden und erlebbar zu machen
- einen Übergang zwischen dem niederländischen und deutschen Stadtgebiet herzustellen
Angesichts dieser drei Herausforderungen definiert die Landschaft in unser Entwurfskonzept den Städtebau. Dem nördlichen Bereich des Plangebiets kommt eine besondere Bedeutung zu, weil diese Seite durch zwei attraktive Landschaftsstrukturen geprägt wird. Zum einen die offene Landschaft: die Wiesen, Weiden und landwirtschaftlichen Flächen lassen durch ihre offene, hügelige Gestaltung weite Blicke in die Vegetation und Senserbach-Auen zu. Zum anderen die zusammenhängenden Baumlandschaften, die um die beiden Wasserflächen im Osten und entlang des Senserbaches im Nordwesten angeordnet sind und sich bis in das Plangebiet erstrecken. Ziel des Entwurfes ist es, diese beiden landschaftlichen Qualitäten sinnvoll in das Plangebiet zu integrieren, wo möglich zu erweitern und den Bewohnern erlebbar zu machen.
Was bedeutet wohnen in der „Zwischenlandschaft“ konkret?
Der Entwurf integriert beide Landschaftsformen in das Plangebiet, macht sie den Bewohner*innen zugänglich und bietet den Anwohnern und Besuchern vielfältige Möglichkeiten, mit beiden Landschaftsformen zu interagieren. Diese Interaktion kann dabei direkt (durch den Aufenthalt innerhalb der neu geschaffenen Landschaften) und indirekt (durch Sichtachsen in die bestehenden und neuen Landschaften) erfolgen:
Neugeschaffene Landschaftsräume, die ein unmittelbares Erleben der Landschaft ermöglichen:
- Die Baumstrukturen, die sich aus der bestehenden Baumlandschaft ableiten und bis in die Innenhöfe erstrecken. Diese knüpfen an den Bestand im Osten an und ziehen sich durch das Plangebiet bis an die Straßenbäume entlang der Grensstraat, um von dort den Übergang zum dichten Baumbestand am Senserbach herzustellen;
- Die erweiterte, offene Landschaft mit dem damit verbundenen Fußweg. Dieser knüpft an die Grensstraat an und ermöglicht den Aufenthalt und Spaziergänge innerhalb der erweiterten, offenen Landschaft. Darüber hinaus verknüpft er Aussichtspunkte mit dem Spielplatz und der Grensstraat.
- Die vertikale Grünachse, die zwischen der Vaalser Straße im Süden und der nördlichen Plangebietsgrenze entsteht, bringt unterschiedliche Freiraumqualitäten mit. Während im Süden ein öffentlicher Platz den Auftakt in das Quartier markiert, öffnet sich die Achse im Norden zu einem naturnahen Spielplatz und bietet einen Übergang in die offene Landschaft.
Sichtachsen, die die neue Nachbarschaft mit der bestehenden Landschaft verbinden:
- Sichtachsen im neu geschaffenen Freiraum, etwa vom Spielplatz, dem öffentlichen Fußweg und der eigens dafür geschaffener Aussichtsecke, die zur Aussicht in die Landschaft einlädt;
- Öffnungen in den Innenhöfen in Kombination mit einer Laubengang Typologie: dies ermöglicht den Einwohner*innen Sichtbeziehungen zur umgebenden Landschaft vom Innenhof aus;
- Ein kaskadierendes Gebäudekonzept, das die Bauvolumen staffelt, sodass Bewohner*innen sowohl aus ihren Wohnungen als auch von gemeinschaftlichen und privaten Terrassen einen direkten Blick auf die Landschaft genießen können.
Aus der neue Freiraumstruktur ergeben sich vier Räume für eine bauliche Entwicklung. Damit auch die Bebauungsstruktur ein vermittelnder Übergang zwischen dem deutschen und niederländischen Stadtgebiet gelingt, entstehen weitere Anforderungen an diese Baufelder. Während die Bebauung an die niederländische Seite aus drei- bis viergeschossiger, geschlossener Bebauung mit privaten Höfen besteht, befinden sich auf deutscher Seite, nördlich der Vaalser Straße, freistehende Einfamilienhäuser mit größeren Grundstücken. Zwischen diesen Typologien vermittelt das Plangebiet. Daraus ergibt sich im Osten eine kleinteiligere, niedriggeschossige Bebauung, die durch ihre offene Gestaltung Sichtachsen erhält. Im Westen ist eine dichtere Bebauung aus zwei Blöcken vorgesehen, die sich durch einen grünen gemeinschaftlichen Hof auszeichnen. Die neugeschaffene Architektur entlang der Grensstraat orientiert sich dabei an die vorhandene Körnigkeit an die niederländische Seite.
Wie wird der Übergang zwischen dem niederländischen und deutschen Stadtgebiet hergestellt?
Die Grün- und Freiraumstruktur bildet eine erste wichtig, verbindende Ebene zwischen den deutschen und niederländischen Stadtgebieten. Außerdem wird die Gestaltung des öffentlichen Raums entlang der Maastrichterlaan mit grünen Inseln an die Vaalser Straße weitergeführt. Hierdurch verbessern sich die Überquerungsmöglichkeiten. Ein besonderer Stellenwert im Freiraum hat der neue Platz an die Vaalser Straße. Als öffentlicher Raum bildet er ein wichtiger Treffpunkt für Bewohner*innen beider Länder. Um der Übergang zwischen dem niederländischen und deutschen Stadtgebiet zu markieren, rückt die neue Bebauung entlang der Grensstraat etwas nach Norden. Das neue angewinkelte viergeschossige Gebäude orientiert sich zur Vaalser Straße und schafft dadurch eine ansprechende Eingangssituation in das neue Quartier. Gleichzeitig wird die niederländische, architektonisch qualitätsvolle Bebauung auf die Ecke der Grensstraat und Maastrichterlaan sichtbar und bewusst exponiert.
Die neu geschaffenen Typologien sollen baulich zwischen den Ländern vermitteln aber auch den neuen und bestehenden Bewohnern die Möglichkeit zum nachbarschaftlichen und gemeinschaftlichen Austausch bieten. Im Fokus steht dabei die Gestaltung der neuen Bebauung entlang der Grensstraat. Die Eingänge der Erdgeschosswohnungen sind zur Grensstraat orientiert. Als Übergang zwischen dem Gebäude und die Straße sind schmalen, privaten Gärten vorgesehen. Durch diese Gestaltung des Erdgeschosses wird die Grensstraat durch eine neue Kontaktzone belebt.
Um darüber hinaus die Qualität der Begegnungsräume zu gewährleisten, wird das Quartier auto-arm gestaltet. Das gelingt durch halb-automatisierte Quartiersgaragen am Eingang zum Plangebiet, nördlich und südlich der Vaalser Straße. Hier werden die Autos auf drei Ebenen gestapelt, wodurch eine hohe Flächeneffizienz erreicht wird und die Kosten reduziert werden. Gleichzeit ist das Befahren einzelner Straßen innerhalb des Quartiers nur für Anlieferungsverkehr erlaubt.
Der Entwurf „Zwischenlandschaft“ verwandelt den vormals rein funktionalen Durchfahrtsraum in einen Ort der Begegnung innerhalb von Landschaftsräumen. Es entsteht ein Entwurf, der Übergänge zwischen den naturräumlichen und städtischen Bereichen schafft und sowohl physische als auch soziale Verbindungen fördert. Dies geschieht innerhalb der Freiräume als auch in durch die Vertikalität der Bebauung.