Jüchen – Grüner Korridor
Im Rahmen des Bundesprogramms „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ führt die Stadt Jüchen das Projekt „Grüner Korridor Schloss Dyck-Jüchen-Tagebaufolgelandschaft Garzweiler – ein klimafester Freiraum- und Biotopverbund“ durch. Das Ziel des Projektes ist die klimaangepasste Entwicklung der historischen Kulturlandschaft zwischen dem Schloss Dyck, der Stadt Jüchen und dem sogenannten „Grünen Band“, das im Zuge der Rekultivierung den nördlichen Rand des Tagebaus Garzweiler umspannen wird. Im Mittelpunkt steht die Schaffung einer bypassartig verlaufenden Grünachse.
Um dem Ziel einer klimaangepassten Entwicklung des Landschaftsraums gerecht zu werden, hat die Stadt Jüchen einen freiraumplanerischen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerb nach PRW 2013 durchgeführt.
Ziel des Wettbewerbs war die Erarbeitung eines übergeordneten Landschaftskonzepts, welches darüber hinaus bereits konkrete Einzelmaßnahmen, in erster Linie auf verfügbaren städtischen Flächen, definiert. Im Zentrum des Konzepts standen die als Leitlinien fungierenden Täler des Jüchener und Kelzenberger Bachs. Entlang der linearen Freiraumstrukturen waren neben einem verbindenden regionalen Radwegenetz neue Landschaftselemente zu verorten. Auf unterschiedlichen Testfeldern sollte zudem die Erprobung von klimaresilienten Gehölzen und von landschaftsverträglichen Ansätzen zum Starkregenmanagement stattfinden. Zukünftiges Ziel ist es übertragbare Erkenntnisse zur Anpassung von Kulturlandschaften an den Klimawandel und zur Stärkung der Biodiversität zu gewinnen.
Die preistragenden Entwürfe finden Sie im Folgenden aufgeführt.
Eine Übersicht aller Entwürfe können Sie hier abrufen.
1. Preis | JUCA Landschaft und Architektur, Brücker Fickinger Partnerschaft | Berlin
Erläuterungstext (Auszug) – Die historisch gewachsene Kulturlandschaft im Norden von Jüchen wurde über Jahrhunderte von kleinen Bächen, ihren Auen und den daran entstandenen Siedlungen mit fruchtbaren Ackerböden geprägt. Das Schloss Dyck und weitere prächtige Gutshöfe zeugen vom Erfolg dieser Geschichte, die in Zukunft mit dem Blau-Grünen Korridor Jüchen neu erzählt werden soll.
Landschaft und Natur werden von einem Zusammenspiel aus vielfältigsten Faktoren bestimmt, die der Mensch mit seiner Kultur beeinflusst. Die Stadt Jüchen möchte auch zukünftig ihre Flächen nachhaltig bewirtschaften und sie setzt mit der wissenschaftlichen Erprobung von geeigneten Methoden zur Anpassung der Landschaft an den Klimawandel einen spannenden Startpunkt für diesen Prozess.
Bis zu 17 landschaftliche und hydrologische Testfelder können angelegt werden. Entlang des Blau-Grünen Korridors Jüchen werden sie als Kulturlandschaft der Zukunft erfahrbar. Ausgewählte Informationspunkte laden zum Verweilen und über themenbezogene Klima-Erlebnis-Pfade zum näheren Erkunden der Testfelder ein. Neue Wasser-Quellen, nachhaltige Landwirtschaft als Nahrungs-Quelle sowie kommunaler und klimaresilienter Pflanzenanbau sind die Themen, die entlang des Blau-Grüner Korridors erprobt und erläutert werden.
Quellen der Zukunft
Die Jüchener Bäche bilden auch zukünftig die Lebensadern der Landschaft sowie die Hauptverbindungen im Blau-Grünen Korridor. Die Gewässer in der Jüchener Kulturlandschaft werden als komplexes, anthropogen geprägtes System betrachtet und im Sinne einer Optimierung für Siedlungen, Landwirtschaft und Naturschutz entwickelt. Das Einzugsgebiet der Bäche wurde durch den Tagebau stark verändert und der Wasserhaushalt wird unmittelbar durch Regenereignisse beeinflusst. Während des letzten Jahrhunderts wurden zahlreiche Flächen versiegelt, das Regenwasser kanalisiert und schnellst möglichst abgeleitet. Die künstliche Quelle der Sümpfung aus dem Tagebau, die den Jüchener Bach über lange Zeit speiste, wird mit dem Ende der Abbautätigkeit versiegen. Zunehmende Schwankungen zwischen extremer Trockenheit und starken Regenereignissen machen eine nachhaltige Weiterentwicklung der Wasserwirtschaft erforderlich.
Zukünftig wird es das Ziel sein, auf multifunktionalen Flächen größere Mengen Regenwasser naturnah am Ort zu halten und technisch gedrosselt abzuleiten. Schwammstadt wie Schwammland nehmen mehr Wasser auf, halten es zurück und verbessern den Grundwasserstand. Überschüssiges Wasser wird gezielt in die Jüchener Bäche geleitet und somit neue Quellen zu deren Speisung erschlossen. Die Hydrologischen Testfelder werden angelegt, um sie zu erproben – als Quellen der Zukunft.
Klimawald Jüchen
Entlang der Wege im Blau-Grünen Korridor sind breite Blühstreifen und bunte Alleen angelegt, die aus verschiedensten heimischen und klimaresilienten Arten zusammengesetzt werden. Sie leiten die Besuchenden, bieten Vögeln, Insekten, Kleinsäugern und vielen weiteren Tieren und Pflanzen der offenen Feldflur Unterschlupf und Nahrung. Entlang der Wege, in den Auen und um die Siedlungen werden bestehende Einzelbäume, Alleen, Auengehölze und Waldflächen durch gezielte Ergänzung über Neupflanzungen zu einem Wald-Netzwerk im Blau-Grünen Korridor verbunden und als kommunaler Klima-Wald entwickelt.
Auf den Landschaftlichen Testfeldern wird die Gewinnung von Sämlingen aus bestehenden Waldflächen im Stadtgebiet, die Verwendung von lokal gewonnenen Jungpflanzen für den kommunalen Betrieb von Baumschulen und Informationen zu klimaresilienten Baumarten erforscht. Ressourcenverbrauch, CO2- und Wasserhaushalt, Biodiversität, Erosions- und Bodenschutz stehen hierbei im Fokus.
Jüchener Bachwege
Die Radtour im Grün-Blauer Korridor führt in einer großzügigen Runde von etwa 20 bis 25 km Länge entlang der Auen von Jüchener Bach und des Kelzenberger Bach durch die Kulturlandschaft rund um die Stadt Jüchen, vom Tagebau Garzweiler bis zum Schloss Dyck. Die Tour ist in das übergeordnete Knotenpunktsystem und die Vorrangstrecken der Fahrradwege eingebettet. Querverbindungen bieten die Möglichkeit, Abschnitte individuell zu kombinieren. Die geplante Wegeführung nutzt vorhandene Wege, so dass nur Teilabschnitte neu angelegt oder zusätzlich befestigt werden müssen. Die Weiternutzung vorhandener Wege und ein nachhaltiger Ausbau ist vorrangig. Neue Abschnitte können einheitlich gestaltet werden, um die Orientierung zu erleichtern.
Leitsystem, Info-Quellen und Klima-Erlebnis-Pfade
Das Leitsystem mit dem „Q“ der Quellen der Zukunft hat einen Wiedererkennungswert über die landschaftsplanerischen Maßnahmen hinaus. Das Zeichen führt an vorhandenen und neuen Schildern entlang des Blau-Grünen Korridors und kann zusätzlich als Stele an Wegekreuzungen platziert werden. Informationen zu den Bausteinen der Kulturlandschaft der Zukunft können auf Themen-Tafeln an den Testfeldern und unterwegs präsentiert werden. An zentralen Punkten bieten die Info-Quellen mit Abstellanlagen für Fahrräder und Picknicktischen bequeme Angebote für die Besucherinnen und Besucher und laden zum Innehalten und Wahrnehmen ein. Die Klima-Erlebnis-Pfade vermitteln auf kleinen Rundgängen zu Fuß durch die Themenfelder die nachhaltige Bewirtschaftung der Landschaft und den wertschöpfenden Umgang mit der Natur als Quelle unseres Lebens. Die Info-Quellen und Klima-Erlebnis-Pfade werden barrierefrei gestaltet.
Gesamtlageplan, JUCA Landschaft und Architektur, Brücker Fickinger Partnerschaft
Auwald Jüchen West, JUCA Landschaft und Architektur, Brücker Fickinger Partnerschaft
Schulgarten Jüchen, JUCA Landschaft und Architektur, Brücker Fickinger Partnerschaft
2. Preis | RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitektur | Bonn
Erläuterungstext (Auszug) – Der Grüne Korridor soll künftig das Grüne Band um den ehemaligen Tagebau Garzweiler, die Stadt Jüchen sowie weitere angrenzende Ortschaften mit dem Schloss Dyck verbinden. In der historisch weitläufigen und aufgeräumten agrarisch geprägten Landschaft der Bedburdycker Lößplatte sollen entlang des Jüchener und Kelzenberger Bäche grüne Korridore entstehen, die die ansonsten monofunktionale Landschaft als biodiverse Bänder und spannende Naherholungsgebiete durchlaufen. Gleichzeitig stärkt und schafft das Projekt Grünblaue Strukturen, die die Landschaft auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten.
Mit einem Maßnahmenpaket soll die Einzigartigkeit der Rheinischen Börde mit ihrer weitläufigen offenen Landschaft bewahrt, jedoch auch in eine nachhaltigere, Strukturreichere Zukunft überführt werden. Die Agrarlandschaft zwischen Jüchener und Kelzenberger Bach wird zunächst in Landschaftszellen (Maßnahme 1) unterteilt. Diese behalten ihren offenen Charakter der großen, offenen Felder bei. Begrenzt werden sie jeweils von Rad- und Fußwegen, die für eine bessere Verknüpfung zwischen den Ortschaften und als Querverbindungen der Grünen Korridore sorgen (Maßnahme 2). Begleitet werden diese Querverbindungen von Alleen bzw. Baumreihen zur Strukturierung (Maßnahme 3). Als Ergänzung des Biotopnetzwerks werden die Querverbindungen zudem teilweise von Korridoren ökologischer Landwirtschaft, die z.B. mit Brachflächen, Blühstreifen, der Kombination mit Hecken (Agroforste) teils experimentelle Landnutzungsformen vorsehen, begleitet (Maßnahme 4). Diese Bereiche verbessern zudem erheblich die Habitatbedingungen Offenlandbewohnender Arten wie Feldlerchen. Auch die Siedlungskanten zur freien Landschaft werden in das Konzept eingebunden. Statt einer undefinierten Kante zur freien Landschaft entsteht um die Ortschaften herum ein Gürtel aus Gehölzstrukturen und innovativer Landwirtschaft, in denen Kooperationen mit Landwirten Angebote wie z.B. Saisongärten und Mikrofarmen schaffen können. Diese Gürtel fungieren zudem als Biotopverbund zwischen Grünem Korridor und der artenreichen Gartenlandschaft der Ortschaften (Maßnahme 5). Eingebettete Wege machen die Landschaftskante zudem erlebbar und binden an das Wegenetz an (Maßnahme 6). Insgesamt wird die Agrarlandschaft zwischen den Grünen Korridoren so strukturiert, ökologisch bereichert und zu einem Naturerlebnisraum, der durch die Querverbindungen vor allem für Bewohner:innen der anliegenden Ortschaften interessante Rundwege zum Spazieren schafft.
In den Grünen Korridoren der Bachtäler erfolgt als erste Maßnahme die Anlage eines Grünlandpuffers entlang der Gewässer (Maßnahme 7). Dieser dient als Biotopverbundselement sowie als Schadstoffpuffer von Nährstoffeinträgen der angrenzenden Landwirtschaft. Dieser Korridor sollte eine Mindestbreite von 10 Metern beidseitig der Bäche haben und kann von Gehölzreihen oder Gehölzgruppen begleitet werden (Maßnahme 8). Dieses Landschaftsbild entspricht dem historischen Landschaftsbild und wurde im Laufe der Zeit zugunsten einer Maximierung der Anbaufläche immer stärker beschnitten. Diese Grünpuffer überschneiden sich zudem mit Retentionsbereichen der Bäche, die teils wieder geöffnet, teils erweitert werden (Maßnahme 9) und die angrenzenden Ortschaften vor den zunehmenden Folgen von Starkregenereignissen schützen. Im Zuge dieser Maßnahmen sollen auch die Bäche selbst renaturiert werden. Entlang der Bäche entsteht auch die neue Hauptverbindung für Radfahrer und Fußgänger als geschlossenes Netzwerk (Maßnahme 10). Dort wo sich das touristische Wegenetz mit besonderen Orten der Grünblauen Strukturen überschneidet, entstehen Umweltinformations- bzw. -Bildungspunkte (Maßnahme 11).
Aus den Jahresringen/Baumscheiben von Bäumen lassen sich wissenschaftlich verschiedenste historische Umwelt- und Klimadaten erschließen. Als langlebigsten Gewächsen ihrer Lebensräume lassen sich nicht nur Rückschlüsse über das Klima, sondern auch über den Gesundheitszustand ganzer Lebensräume ziehen. Das Konzept setzt daher auf die Baumscheibe als Leitthema für Leitsystem, Umweltbildung und Gestaltung. Der „Weg der Baumscheiben“ begleitet Besucher:innen um den Grünen Korridor und nimmt sie mit auf einer Reise durch die Geschichte des Globalen Klimas und seiner vielseitigen Wechselwirkungen auf lokale Ökosysteme und Biotope (Maßnahme 12). Kleine Umweltbildungsstationen an den Testfeldern verbinden wissenschaftliche Versuche mit Öffentlicher Umweltbildung – sie geben Aufschluss über die Anpassungsfähigkeit verschiedenster Gehölze und ganzer Biotope an sich verändernde Umweltbedingungen wie Temperatur und Wasserverfügbarkeit, aber auch an verschiedenste Schädlinge und Krankheiten. Auch das Möblierungs- und Leitsystemkonzept referenziert das Motiv der Baumscheiben. Als Werkstoff wird ausschließlich Holz aus nachhaltigem Anbau verwendet. Verwendet wird robustes, langlebiges Robinienholz. Ein Teil der Möblierung, besteht außerdem aus radialen Elementen (Sitzbänke, grünes Klassenzimmer, Interaktive Infopfosten).
Gesamtlageplan, RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitektur
Auengarten, RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitektur
Biodiversitätsgarten, RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitektur
3. Preis | club94 Landschaftsarchitekten | Köln
Erläuterungstext (Auszug) – Der gesamte Betrachtungsraum der „Entdeckerroute Jüchener Zukunftslandschaft“ erstreckt sich vom nordöstlich gelegenen Schloss Dyck entlang der beiden Fließgewässer, Jüchener Bach und Kelzenberger Bach, über den zentralen Siedlungsbereich der Stadt Jüchen hinweg bis zur Tagebaukante und dem daran angrenzenden Blau-grünen Band. Zwischen dem kulturhistorische bedeutungsvollen Schloss Dyck und der urbanen Landschaft von Jüchen prägen vereinzelte Grünachsen das Bild, das größtenteils von landwirtschaftlich genutzten Flächen dominiert wird. Insbesondere die Bachauen des Kelzenberger Bachs und des Jüchener Bachs stellen dabei wertvolle ökologische Habitate dar. Die vorhandenen, wenn auch nicht durchgehenden Grünachsen entlang der Täler beider Bäche fungieren als bedeutende natürliche Strukturen inmitten einer ansonsten landwirtschaftlich geprägten Umgebung.
Die Bachauen des Kelzenberger Bachs und des Jüchener Bachs nehmen eine Schlüsselrolle ein, sowohl für die lokale Ökosystemdynamik als auch für die Schaffung eines effektiven Radwegnetzes im Tourismusbereich sowie für die Förderung des regionalen Strukturwandels. Sie bieten nicht nur einzigartige Naturerlebnisse, sondern dienen auch als wichtige Korridore für Flora und Fauna.
Insgesamt ist die Bestandssituation geprägt von einer reichen Vielfalt an Landschaftselementen, die eine solide Basis für die geplante Entwicklung der „Entdeckerroute Jüchener Zukunftslandschaft“ bieten. Jedoch birgt sie ein beträchtliches Potenzial, in Zukunft zu einem wegweisenden Pionierprojekt zu avancieren und als Vorbild für sämtliche Orte in dieser Region zu dienen.
Landschaftsplanerisches Gesamtkonzept
Mit dem Klimawandel geht auch eine Veränderung in der Landschaft einher. Die Grün-Blaue-Infrastruktur in der Region soll gestärkt werden. Dabei soll die vorhandene Grün Struktur mit den touristischen Zielen wie den kleinen Schlössern, Burgen und Höfen in der Kulturlandschaft vernetzt werden. Ortschaften werden mit Grünen Säumen umgeben und Ortskerne mit der offenen Landschaft über Grünverbindungen vernetzt. Die Gewässerläufe spielen eine besondere Bedeutung als grüne Verbindungsachsen und Mulden und Feuchtwiesen sollen bei Starkregenereignissen als Retentionsraum aktiviert werden.
Das landschaftsplanerische und freiraumplanerische Konzept der „Entdeckerroute Jüchener Zukunftslandschaft“ zielt darauf ab, ein nachhaltiges und funktionsfähiges Leitbild für die Freiräume zu entwickeln und dabei auf zwei Ebenen der Umgestaltung zu agieren.
Ebene 1: Entdeckerroute
Die Entdeckerrouten erstrecken sich entlang der Bachauen des Jüchener Bachs und des Kelzenberger Bachs ökologische Korridore, die das Gebiet prägen. Diese naturnahen Strukturen werden im Zuge eines Renaturierungsprozesses an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst und durch bereichernde Landschaftselemente ergänzt. Um die Charakteristik der Bachtäler zu bewahren, werden bedrohte Baumarten durch klimaresiliente Alternativen ersetzt oder ergänzt. Dabei spielen Orientierungselemente wie Blühstreifen, Blütenhecken und Energiepflanzen eine wesentliche Rolle für die Nutzer des Wegnetzes. Ergänzt werden diese durch Landschaftslounges, kleine Rast- und Picknickstationen, Brücken als Aussichtspunkte und ein spielerisches Leitsystem, das die Funktionsvielfalt der Entdeckerroute unterstreicht.
Ebene 2: Agrarlabor
Entlang der Entdeckerroute sollen die Landwirtschaftlichen Flächen mit Maßnahmen zum Naturschutz biodiverser werden. So können bestäuberfreundliche Blühstreifen entlang der Äcker für Bienen und andere Insekten mit ihren attraktiven Pflanzen auch einen ästhetischen Mehrwert haben. Der Saum aus Ackerflächen soll als landwirtschaftlicher Experimentierraum, das sogenannt „Agrarlabor“, genutzt werden. Nicht nur die Anlage von Kicken, Feldrandbiotopen, extensiven Ackerrandstreifen, Totholzhecken und Vogelinseln sollen den Raum ergänzen, auch die Ansaat von neuen Getreidearten in Abstimmung mit Biodiversitätsberatern und wissenschaftlichen Institutionen können den Raum an die Veränderungen anpassen. Diese zweite Ebene der Entdeckerroute bereichert das Gesamterlebnis für die Besucher*innen und dient gleichzeitig als beispielhafte Initiative für die zukünftige Landwirtschaft in der Region.
Im Entwurf für die „Entdeckerroute Jüchener Zukunftslandschaft“ steht die Transformation der historischen Kulturlandschaft zwischen dem Schloss Dyck und der Tagebaufolgelandschaft Garzweiler zu einem übergeordneten Grünen Korridor im Fokus, wobei die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung zentral sind. Diese Aspekte sind integraler Bestandteil sämtlicher geplanter Maßnahmen. Durch die gezielte Verwendung von klimaresistentem Pflanzenmaterial und die Erprobung hydrologischer Maßnahmen zur Förderung eines landschaftsverträglichen Starkregenmanagements sollen wertvolle Erkenntnisse für eine nachhaltige Landschaftsgestaltung gewonnen werden, die auch auf andere Landschaftsräume übertragbar sind.
Gesamtlageplan, club94 Landschaftsarchitekten
Schulpädagogik Lernpfad, club94 Landschaftsarchitekten
Obstwiese, club94 Landschaftsarchitekten
Anerkennung | 3:0 Landschaftsarchitekten OG | Wien
Erläuterungstext (Auszug) – Das Projekt versteht die historische Kulturlandschaft zwischen der Stadt Jüchen und dem bedeutsamen Wasserschloss ‚Dyck‘ als ein lebendiges Archiv, eine Akkumulation materieller und immaterieller Vergangenheiten, die die Essenz vergangener Zeiten und die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Umwelt & Natur beherbergt.
Als ein erzählendes Band durchzieht der „Grüne Korridor“ diese Archivlandschaft und lädt dazu ein, die vielschichtige Beziehung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu erkunden. Entlang der Radwege und in der Landschaft entstehen verschiedene „Archivräume“, die die dynamische Verbindung von Mensch, Umwelt und Klima verdeutlichen. Als strategische Testfelder für eine klimaangepasste Entwicklung der Landschaft, schaffen diese eine Brücke zwischen den Jahrhunderten, indem sie sowohl ökologische Maßnahmen wie Renaturierung als auch umweltpädagogische Lehrpfade nutzen, um die Geschichte der Landschaft zu vermitteln.
Historie
Die Geschichte dieser Region ist reichhaltig: Burgen, Herrenhäuser und historische Hofanlagen prägen bis heute so manchen Ort. Von den frühen Bandkeramikern, den Römern, den Herzögen von Jülich, den Grafen von Salm-Reifferscheidt bis hin zu der RWE Power – jede Ära hat ihre Spuren hinterlassen. Die Bachtäler des Jüchener Bachs (einst Dieckbach) und des Kelzenberger Bachs wurden dabei in der Vergangenheit mehrfach umgestaltet und von ihrer natürlichen Beschaffenheit entfremdet. Entwässerungsmaßnahmen in den ursprünglich von Feuchtwiesen und sumpfigen Biotopen gesäumten Auen, ermöglichten intensiven Ackerbau, wobei jeder Quadratmeter bis an die Ufer genutzt wurde. Besonders im letzten Jahrhundert erlebten diese Bäche eine starke Veränderung, wobei ihre Quellen, Verläufe und Pegelstände sich infolge des Braunkohletagebaus, des Ackerbaus und der Ausweitung der Verkehrsinfrastruktur mehrfach veränderten. Doch gerade durch diese Veränderungen wird die Landschaft zu einem faszinierenden Zeugnis des Landschaftswandels.
Landschaftsgestaltung
Die Veränderungen in der Landschaft und ihre ökologischen Auswirkungen sind jedoch nicht bloß historische Relikte; sie formen auch das Fundament einer nachhaltigen Zukunft, geprägt vom Klimawandel. Mittels innovativer ökologischer Strategien wie der naturnahen Gestaltung von Gewässern und Auen sowie der Erprobung widerstandsfähiger Baumarten und Umweltbildungspfade wird die Landschaft aktiv als lebendiges Archiv zwischen Natur und Kultur gestaltet. Dabei verschmelzen Geschichte und Natur zu einem faszinierenden Mosaik, das Raum für vielfältige Entwicklung und Erholung bietet. Die verstreuten Testfelder in der Landschaft liefern zudem bedeutende Erkenntnisse für eine zukunftsfähige Landschaftsgestaltung, die auch auf andere Regionen übertragbar sind. Der Erfolg dieser Experimente beruht dabei auf einer sorgfältigen, ortsabhängigen Planung der Testfelder und dem Faktor Zeit, da die positiven Auswirkungen, beispielsweise einer Renaturierung, oft erst nach Jahren sichtbar werden.
Wegenetz
Um den Radtourismus und die Naherholung zu fördern, werden zusätzliche Verbindungen geschaffen und bestehende Wirtschaftswege optimiert, um Lücken im Radnetz zu schließen. Dabei werden die neuen Strecken, sofern nicht anders erforderlich, mit wassergebundener Bauweise angelegt, um den Boden nicht zu versiegeln. Das Radwegenetz erstreckt sich als grün-blauer Korridor von der Tagebaukante bis zum Tourismus-Magnet Schloss Dyck.
Entlang dieser Route werden die neuen Radwegeabschnitte sowohl von blühenden Wegeraine und Feldrandsäumen als auch von Baumreihen (einseitig/Alleen) flankiert. Diese Gestaltungselemente sind nicht nur ästhetisch ansprechend und spenden angenehmen Schatten, sondern fungieren auch als lebendige Ökosysteme mit vielfältigem Nutzen, so sind sie auch ein natürlicher Erosionsschutz, was zur Erhaltung des Wegenetzes beiträgt. Die landschaftlichen und hydrologischen Testfelder bilden Stationen entlang des Wegenetzes, bieten Rastmöglichkeiten und geben Auskunft über die Maßnahmen.
Gesamtlageplan, 3:0 Landschaftsarchitekten
Zukunftshain, 3:0 Landschaftsarchitekten
Hackhauser Bachtal-Auen, 3:0 Landschaftsarchitekten
Anerkennung | A24 Landschaft Landschaftsarchitektur | Berlin
Erläuterungstext (Auszug) – Eingespannt zwischen Jüchener und Kelzenberger Bach verbindet der Grüne Korridor auf regionaler Maßstabsebene das Schloss Dyck mit der in Transformation befindlichen Tagebaufolgelandschaft von Garzweiler. Das kleine Städtchen Jüchen und weitere Dörfer sind in das neue Freiraumverbundsystem eingeflochten. Mit seinem Fokus auf eine klimaangepasste Entwicklung des ländlichen Raums hat der Grüne Korridor durchaus Modellcharakter. Die zukunftsweisende Strategie für eine koordinierte Landschaftsentwicklung bindet sich gut in den bereits begonnenen Strukturwandel der Tagebaufolgelandschaften im Rheinischen Revier ein und schließt thematisch an das Projekt Grünes Band Garzweiler an.
Initiale werden zunächst auf kommunalen Flächen gesetzt, so dass kurzfristig konkrete Einzelmaßnahmen umgesetzt und sichtbare Effekte erzielt werden können. Erklärtes Ziel ist jedoch ein sukzessiver Transformationsprozess innerhalb des als Grüner Korridor definierten Bereichs, der auch private Eigentümer zu überzeugen vermag und in die langfristig angelegten Umwandlungsprozess mit einbindet. Die damit einhergehende ökologische Aufwertung der Bachläufe und angrenzenden Kulturlandschaften stärkt mit seiner neuen Strukturvielfalt auch die touristische Relevanz der Region als beliebtes Ausflugsziel. Der Ausbau freizeitorientierter Routen, die zum Teil auf bereits vorhandene Teilstücke zurückgreifen, ermöglicht Rundwegesysteme, die auch thematisch unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Eine robuste, dem Ort angemessene Infrastruktur, stärkt den gestalterischen Zusammenhang. Die neu entwickelte Mobiliarfamilie stärkt die Wahrnehmbarkeit und Etablierung als neue Marke.
BACHLOOP WILDNISKORRIDOR UND VERBINDENDES STRUKTURELEMENT
Die vorhandenen Bachläufe Kelzenberger Bach im Norden und Jüchener Bach im Süden geben den räumlichen Rahmen für den dazwischen gespannten Grünen Korridor. Die derzeit strukturarmen Bachläufe verfügen momentan noch nicht über die Kraft eine räumliche Klammer zu bilden. Der Jüchener Bach wird aus Ersatzwasser gespeist und führt ständig Wasser, der Kelzenberger Bach wird nur aus Niederschlagswasser gespeist und ist dementsprechend nur temporär Wasser führend.
Die beabsichtigte Renaturierung der Bachläufe, zumindest in Teilabschnitten, und Anreicherung mit ökologisch wertvollen Landschaftselementen stärkt deren Wahrnehmbarkeit im räumlichen Kontext und schärft ihr Potenzial als übergeordnete Strukturelemente und Wegeverbindungen. Die derzeit in einem beengten und linear geführten Bachbett geführten Wasserläufe werden partiell verbreitert und stärker dynamisiert. Die entstehenden Flutrinnen und Feuchtwiesen sorgen auch für einen landschaftsästhetischen Mehrwert. Gleichzeitig schaffen sie mit ihrer Mikrostruktur Raum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.
Die Erschließung der Bachläufe wird verbessert. Ein begleitender Weg, der Bachloop, verbindet beide Wasserläufe und ermöglicht eine Rundwegeschleife. Dadurch werden die Bäche mit ihren Auwaldkorridoren zu wichtigen strukturgebenden Wegeachsen aufgewertet. Mit der Ausweitung der Bachauen zu einem durchgehenden Biotopkorridor wird auch ein zusammenhängendes Wegesystem aufgebaut. Die Durchgängigkeit der Wege schafft neue Berührungspunkte zum Wasser und stärkt das Naturerlebnis.
Mehrere Querachsen verspannen die Bachläufe mit den angrenzenden Feldern und der Agrarpromenade. Dadurch ist es dem Besucher immer wieder möglich, zwischen den Landschaftstypen der schattigen und feuchten Bachauen und sonnigen und trockenen Feldfluren zu wechseln. Die wechselnden Atmosphären schaffen interessante Kontraste und Perspektivwechsel von hoher ästhetischer Qualität.
AGRARPROMENADE ERLEBBARKEIT EINER STRUKTURREICHEN KULTURLANDSCHAFT
Der zwischen den Bachläufen eingespannte Korridor wird als eine Art Ausschnitt aus der großflächigen Kulturlandschaft gelesen. Die räumliche Begrenzung ermöglicht, diesen klar definierten Bereich als einen Ort der Transformation zu denken, das sogenannte NEULAND. Hier können zunächst auf Teilstücken Initialprojekte mit nachhaltiger und experimenteller Landwirtschaft und Maßnahmen für eine strukturreiche Agrarlandschaft begonnen werden. Dieser thematisch eigenständige Bereich erhält seine eigene Wegeachse, die AGRARPROMENADE.
Diese verbindet den Siedlungskern von Jüchen mit dem kulturhistorisch wertvollen Ausflugsziel Schloss Dyck. Der Weg greift überwiegend auf bereits vorhandene Feldwege zurück, verbindet diese aber durch strategisch geschickt gesetzte Ergänzungen zu einem durchgehenden Wegeband als neue touristische Route durch die Felder. Mit der Agrarpromenade entsteht somit eine angenehm zu befahrene Radroute abseits der stark befahrenen Bundesstraßen. Dieser Weg eignet sich insbesondere für Radfahrerende, da er auf dauerhaft befestigte Wege zurück greift und eine direktere Wegeverbindung erlaubt. Im Gegensatz dazu ist der Bachloop ein mäandrierender Flanierweg für die ruhige Naturbeobachtung, mit schmalen Schotterwegen und Fokus auf Zufußgehende. Über verschiedene Querachsen gibt es jedoch auch immer wieder die Möglichkeit die nördlich und südlich verlaufenden Bachläufe mit dem Fahrrad zu erreichen. An diesen Knotenpunkten werden kleine Aufenthaltsbereiche angeboten, die auch eine reduzierte Infrastruktur für Radfahrende bereithalten.
Das Erlebnis der Kulturlandschaft steht im Vordergrund. Vorgeschlagen wird ein Katalog mit einer Kombination aus sich ergänzenden Maßnahmen, die sukzessive Umgesetzt werden können und so Stück für Stück den Landschaftsraum anreichern und dem Grünen Korridor ein neues Bild geben. Die Maßnahmen umfassen Streuobstwiesen mit klimaangepassten Sorten, wegebegleitende Baumreihen die den Promenadenverlauf hervorheben, markante Wildheckenstrukturen als Gliederungselemente, artenreiche Blühstreifen entlang der Ackerränder als Nahrungsquelle für Insekten. Dichte Gehölzcluster mit Arten wie Alnus glutinosa, Betula pubescens, Quercus robur, Sorbus torminalis, Ulmus laevis und Ulmus minor schaffen ökologisch wertvolle Rückzugsräume zwischen den Feldstrukturen. Das Bündel an Einzelmaßnahmen erhöht somit nicht nur die ökologische Vielfalt und schafft wichtige Trittsteine im Biotopverbund, sondern steigert insbesondere auch den Erlebniswert. Es werden mehr Rückhalteräume für Regenwasser und Verdunstungsflächen geschaffen, die zu einer Verbesserung des Mikroklimas beitragen.