2. Preis städtebaulicher-freiraumplanerischer-verkehrsplanerischer Realisierungswettbewerb

Leitidee
Das städtebauliche Konzept sieht eine behutsame Ortsrandarronierung in Fischeln vor, indem der Bahnhaltspunkt Grundend mit der Kölner Straße verbunden wird. Neben dem Haus der Bildung entstehen die PlankerHöfe, die alle Aspekte einer gemeinwohlorientierten, autoarmen und klimaresilienten Stadtentwicklung in einem innovativen und zukunftsfähigen Städtebau vereinen.

Bewertung der Jury
„Der Entwurf stellt einen wertvollen Beitrag dar für die Diskussion um zukunftsweisenden Städtebau, auf welchen Leitbildern er aufbaut und welche Schwerpunkte er in Bezug auf Typologien, Dichte, Freiräume und Erschließung legt. Eindeutig im Vordergrund steht die eigenständige Straßenpersönlichkeit der „autonomen Achse“, formgebend für den Städtebau, quasi als Gegenmodell zur autogerechten Stadt. Mutige, auch unkonventionelle Zukunftsbilder eines visionären Städtebaus und die Anforderungen an eine zeitnahe und auch politisch tragfähige Realisierbarkeit prallen in diesem Entwurf aufeinander. Sie sorgen für einen lebhaften, auch polarisierenden Austausch im Preisgericht, die Angemessenheit der städtebaulichen Entscheidungen und Setzungen wird kontrovers diskutiert.“

Städtebau und Nutzungen

Der städtebauliche Auftakt im Norden wird durch das Entrée an der Eichhornstraße gebildet. An diesem wichtigen Mobilitätsknotenpunkt entstehen eine neue Mobilitätsstation sowie das Haus der Bildung. Neben Parkplätzen enthält die Mobilitätsstation Gemeinschaftseinrichtungen wie einem Co-Working-Space, einem Café und einer Fahrradwerkstatt. Das zweigeschossige Haus der Bildung beherbergt eine zweizügige Grundschule, eine 6-gruppige Kindertageseinrichtung, ein Familienzentrum sowie eine 3- und eine 2-fachsporthalle.
Die Erschließung erfolgt durch einen innenliegende Wohnanger der die Adresse für die PlankerHöfe darstellt. Die Höfe am Friedhof enthalten einen Mix aus II-geschossigen Reihen- und III bis IV-geschossigen Mehrfamilienhäusern und bieten somit vielfältigen Wohnraum für alle Generationen und Bedürfnisse. Die Wohnhöfe süd-östlich des Wohnangers bestehen aus III bis IV-geschossigen Mehrfamilienhäuser in einer dichteren Bauweise. Hier lässt sich der öffentlich geförderte Wohnungsbau abbilden. Weitere soziale Einrichtungen wie Betreutes Wohnen und Mehrgenerationenwohnen befinden sich an der Eichhornstraße.
Die Eichhornstraße und der Wohnanger werden durch die klare Anordnung der Gebäude räumlich gefasst. Diese Raumkante dient der Orientierung und prägt die Adressbildung innerhalb des Quartiers. Entlang des Freiraums schafft die lockere Bauweise einen fließenden Übergang in den Naturraum.
Die städtebaulichen Motive des nördlichen Teils wiederholen sich in kleinerer Ausprägung im südlichen Teilbereich.

Freiraum
Die Wohnanger dienen als zentraler Begegnungsort und Treffpunkt. Die tägliche Bewegung zwischen Wohnort und Mobilitätsstation bewirkt Frequenz und belebt somit den öffentlichen Raum. Ansprechend gestaltete Grünflächen und Spielgeräte bieten ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität und laden zum Verweilen ein.
Die Wohnhöfe hingegen schaffen Rückzugsorte und haben nachbarschaftlichen Charakter. Die Reihenhäuser entfalten ihre Adresswirkung in den Gemeinschaftshöfen, Kleinstkinder-Spielplätze bringen die Familien zusammen und fördern somit das Nachbarschaftsgefühl.
Am süd-östlichen Rand, entlang des Fischelner Dorfgrabens, bleibt der naturnahe Freiraum erhalten und wird durch Sitzmobiliar aufgewertet. Der Fuß- und Radweg dient sowohl als schnelle Verbindung zwischen beiden Teilquartieren bis hin zur Haltestelle Grundend.
Durch die besondere Gebäudeform des Hauses der Bildung entstehen zwei weitere prägende Freiräume. Der Schulhof ist geschützt und zur K-Bahn orientiert, während der Platz am Familienzentrum als Quartierstreffpunkt dient und Fläche für Quartiersfeste bietet.

Verkehr und Mobilität
Ziel des Mobilitätskonzeptes ist die Reduzierung des MIV sowie die Etablierung klimafreundlicher und sozial-/räumlich barrierefreier Mobilitätsangebote. In insgesamt drei Mobilitätsstationen wird der ruhende Verkehr daher zentral organisiert. Die Stationen sind mehrfachcodiert und beinhalten neben Stellplätzen, unterschiedliche gemeindienliche Nutzungen, wie eine Fahrradwerkstatt oder Paketstationen, die dem Quartier so einen zusätzlichen Mehrwert liefern. Die Mobilitätsstationen bieten insgesamt 700 PKW-Stellplätze. Darüber hinaus beinhalten die Mobilitätsstationen vielfältige und leicht zugängliche Bike- und Car-Sharing-Angebote, um Anreize zum Verzicht auf einen eigenen PKW zu schaffen und somit den Stellplatzbedarf zu senken. Die Installation zahlreicher E-Ladesäulen für Fahrräder und PKWs fördert die E-Mobilität.
In Kombination mit jeder Mobilitätsstation entstehen auch die Haltestellen des On-Demand-Busses. Dieser Bus kann autonom in den Wohnanger fahren und verbindet beide Teilquartiere mit den ÖPNV-Haltestellen.
Der Parkplatz am Entrée wird verkehrstechnisch optimiert und umgestaltet. Eine fußgänger- und radfahrfreundliche Gestaltung ermöglicht einen angenehmen Umstieg zwischen den Verkehrsmodulen. Der Parkplatz wird zu einem Kurzzeitparkplatz umgebaut, währen Langzeitparker ihre Autos sicher in der Mobilitätsstation unterstellen können.
Durch die zentrale Organisation des ruhenden Verkehrs in den Mobilitätsstation sind die Wohnanger autoarm. Die Zuwegung zur Anlieferung, Rettung und für die Müllabfuhr ist dennoch gewährleistet.

Energie, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Die Stromproduktion erfolgt jeweils durch die PV-Anlagen auf dem Dach und wird dann in die Energiezentrale geleitet. Die Energiezentralen befinden sich in den Mobilitätsstationen. Durch eine intelligente Steuerung wird der Strom entweder direkt zum Verbraucher geleitet oder in dem Wasserstoffspeicher längerfristig aufbewahrt. Für die großflächige Stromerzeugung können die Dächer der Mobilitätsstationen sowie das Dach des Hauses der Bildung genutzt werden. Theoretisch ist eine autarke Energieversorgung im Quartier möglich. Der eigens gewonnene Strom kann außerdem zum Laden der E-Mobilität genutzt werden.
Die Gebäude verfügen über Dach- und Fassadenbegrünung und kühlen das Quartier nachhaltig. Alle Dächer sind mit extensiver Dachbegrünung und/oder Photovoltaikanlagen (PV) ausgestattet. In Bereichen zwischen den PV-Anlagen ist eine Begrünung anzustreben.
Die Wärmeversorgung erfolgt über das quartierseigene Wärme- und Kältenetz (Niedertemperaturnetz).
Innerhalb der Wohnanger und in den Höfen sind ausreichend Retentionsflächen vorgesehen. Überschüssiges Regenwasser wird durch ein Mulden-Rigolen-System in den Fischelner Dorfgraben eingeleitet.
Bei der Bepflanzung werden, neben standorttypischen heimischen Gehölzen, stadtklimafeste Zukunftsbäume verwendet. Sie sind besonders robust und können sich klimatischen Bedingungen gut anpassen. Schattenspendende Bäume wirken sich durch den Kühlungs- und Verdunstungseffekt positiv auf das Mikroklima aus.
Um eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit zu erzielen soll die neue Bebauung in drei Bauabschnitten realisiert werden. Eine Entwicklung von Norden nach Süden wird hier als sinnvoll erachtet. So kann ausgehend vom Haus der Bildung und den verschiedenen Gemeinbedarfseinrichtungen, ein erster Impuls gesetzt werden, der mit den weiteren Bauabschnitten Wellen schlägt.

Auftraggeber: Stadt Krefeld

Leistungen: 2. Preis, Städtebaulicher-freiraumplanerischer-verkehrsplanerischer Realisierungswettbewerb

Flächengröße: ca. 12 ha

Kooperation:  Konrath und Wennemar Architekten Ingenieure, Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH, studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

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